Vor- und Nachteile & die wichtigsten Nebenwirkungen

ACE-Hemmer und AT1-Rezeptorantagonisten 

Sie sind die am häufigsten eingesetzten Blutdruckmedikamente. ACE-Hemmer enden meist auf einem „pril“ (Ramipril, Enalapril, Captopril..) und hemmen das Angiotensin Converting Enzym, AT1-Rezeptor-Antagonisten enden in der Regel auf „sartan“ (Candesartan, Valsartan, Olmesartan, Telmisartan..) und hemmen einen Angiotensinrezeptor. Beide Substanzgruppen wirken im sogenannten Renin-Angiotensin-System und können über ihre Wirkweise eine effektive Blutdrucksenkung erreichen. Sie werden nie gleichzeitig eingesetzt, da die parallele keinen zusätzlichen Benefit bringt, sondern man entscheidet sich für eine von beiden Substanzgruppen. 

Vorteile: 

  • AT1-Antagonisten werden von allen Blutdruckmedikamenten am seltensten wegen Nebenwirkungen abgesetzt (nicht häufiger als ein Placebo), was sehr für ihre Verträglichkeit spricht. Auch ACE-Hemmer sind in der Regel sehr gut verträglich.
  • ACE-Hemmer und AT1-Antagonisten können das Fortschreiten einer chronischen Niereninsuffizienz verzögern. Sie sind die einzigen Blutdrucksenker, die mit einem reduzierten Risiko für eine dialyse-pflichtige Niereninsuffizienz assoziiert sind.  
  • ACE-Hemmer und AT1-Antagonisten können einer blutdruckbedingten Verdickung des Herzmuskels vorbeugen und sogar einen Rückgang einer bestehenden Verdickung des linken Ventrikels bewirken.
  • Beide Substanzklassen verbessern die Pumpfunktion des linken Ventrikels und wirken einem unvorteilhaften Umbau des Ventrikelgewebes entgegen. Deshalb werden sie auch nach einem Herzinfarkt und bei Herzinsuffizienz (reduzierter Pumpfunktion des linken Ventrikels) eingesetzt. 

Nachteile:

  • ACE-Hemmer zeigen ein gering erhöhtes Risiko für die Entwicklung von  Schwellungen an beliebigen Körperstellen – auffällig sind diese vor allem im Gesichtsbereich (Lippe, Wangen, Stirn). Dies tritt gehäuft bei Patienten mit schwarzafrikanischer Herkunft auf. Die häufigste Nebenwirkung von ACE-Hemmern ist ein trockener Husten. In solchen Fällen sollte das Medikament unbedingt abgesetzt und auf einen AT1-Antagonisten gewechselt werden. 
  • Für weitere Nebenwirkungen s. Fachinformation, bei Beratungsbedarf empfehlen wir eine Rücksprache mit dem behandelnden Arzt

Calciumantagonisten

Calciumantagonisten(z.B. Amlodipin, Lercanidipin, Nifedipin, Verapamil, Diltiazem) blockieren den Calciumkanal im Herzen und in den Gefäßen, wobei ihre Ansatzorte und das Wirkungspektrum je nach Substanz sehr unterschiedlich sind. Die blutdrucksenkende Wirkung ist ähnlich effektiv wie die der ACE-Hemmer und AT1-Antagonisten, . Einige Wirkstoffe wirken ausschließlich auf die Gefäße und den Blutdruck (z.B. Amlodipin, Lercanidipin, Nifedipin), andere können je nach Wirkstoff auch herzfrequenzsenkend wirken und Herzrhythmusstörungen lindern, einen leicht reduzierenden Effekt auf die Kontraktionskraft haben und Schmerzen im Brustbereich entgegenwirken. 

Vorteile:

  • Calciumantagonisten zeigten in Studien einen stärkeren Schlaganfall-reduzierenden Effekt, als von der erreichten Blutdrucksenkung erwartet wurde,
  • Calciumantagonisten können ebenfalls blutdruckbedingten Verdickungen des Herzmuskels entgegenwirken und eine vermehrte Proteinausscheidung über die Niere reduzieren. 

Nachteile: 

  • Im Vergleich zu anderen Blutdrucksenkern zeigen sich Calciumantagonisten weniger effektiv darin eine Herzinsuffizienz zu vermeiden. 
  • Zu möglichen unerwünschten Nebenwirkungen können Schwellungen (Ödeme) der Beine, Schwindel, Kopfschmerzen, fühlbare Herzschläge, Müdigkeit oder ein Erröten des Gesichts gehören. 

Thiazide und thiazid-ähnliche Diuretika

Thiaziddiuretika sind z.B. HCT (Hydrochlorthiazid), Chlorthalidon (Hygroton) oder Indapamid. Sie gehören zu den „Wassertabletten“, wirken also harntreibend. Sie hemmen ein Transportprotein in den Tubuluszellen der Niere, sodass bei der Harnbildung weniger Kochsalz zurückgewonnen wird – dies führt zur vermehrten Wasserausscheidung. 

Vorteile:

  • Von allen Substanzklassen scheinen die Thiaziddiuretika am effektivsten geeignet um einer Herzinsuffizienz vorzubeugen.

Nachteile:

  • Alle Substanzen dieser Gruppe können zu einer Verringerung der Kalium- und Natriumkonzentration im Blut führen, auch Chlorid- und Magnesiumionen werden vermehrt ausgeschieden, es kann zu einem erhöhten Kalziumspiegel kommen. Deshalb ist eine regelmäßige Überprüfung der Elektrolytkonzentration im Blutserum notwendig.  
  • Eine verminderte Glukosetoleranz kann auftreten, das Risiko einen Diabetes mellitus zu entwickeln steigt unter dieser Medikation. Ein Kaliummangel scheint diesen Effekt zu verstärken, weshalb dieser nach Möglichkeit vermieden werden sollte. 
  • Thiaziddiuretika beeinflussen den Fettstoffwechsel, was zu einer Erhöhung des LDL-Cholesterins und der Triglyceride führen kann – diese kehren jedoch nach Absetzen der Medikamente wieder zum Normallevel zurück. 
  • Bei einer eingeschränkten Nierenfunktion (eGFR <45 ml/min) reduziert sich die Wirksamkeit der Thiazide und thiazid-ähnlichen Diuretika, bei einer stark eingeschränkten Nierenfunktion (eGFR <30 ml/min) sind sie ineffektiv.

Betablocker

Betablocker (z.B. Metoprolol, Bisoprolol, Nebivolol) binden im Körper an den ß-Adrenorezeptor, an dem auch die „Stresshormone“ Adrenalin und Noradrenalin normalerweise andocken. Da die ß-Adrenorezeptoren durch die Medikation gehemmt werden, wird die Wirkung der Stresshormone reduziert. 

Über die ß1-Adrenorezeptoren werden die Herzkraft, die Herzfrequenz und direkt der Blutdruck angeregt und die Reninausschüttung in der Niere reduziert. Die ß2-Adrenorezeptoren wirken auf die glatten Muskeln der Bronchien, der Gebärmutter und der Blutgefäße, was bei Asthmatikern problematisch sein kann. Deshalb wurden „selektive“ Betablocker entwickelt, die ausschließlich an ß1-Adrenorezeptoren binden und die Bronchien nicht beeinflussen, diese können auch bei Lungenerkrankungen eingenommen werden. Unter den ß-Blockern gibt es große Unterschiede bezüglich der Selektivität und somit auch bezüglich der Wirkweise und der Ausprägung der erwünschten und unerwünschten Nebenwirkungen. 

Vorteile:

  • Durch die Absenkung der Herzfrequenz verlängert sich die Füllungsphase des Herzens. Da nur die in dieser die Durchblutung der Herzkranzgefäße stattfindet, verbessert sich die Durchblutung des Herzmuskels, die Effizienz der Herzarbeit steigt, der Sauerstoffbedarf des Herzens wird gesenkt. Dadurch helfen ß-Blocker, die Symptomatik bei stabiler Angina Pectoris Symptomatik (Engegefühl/Druckgefühl im Brustraum bei Verengungen der großen oder kleinen Gefäße am Herzen) zu reduzieren und werden zur Unterstützung bei Herzinsuffizienz eingesetzt.  
  • ß1-selektive Betablocker senken den systolischen und diastolischen Blutdruck ähnlich stark. 
  • Betablocker haben einen abschirmenden, beruhigenden Effekt, der insbesondere von leicht erregbaren, unruhigen Menschen häufig als angenehm empfunden wird.
  • Betablocker haben eine antiarrhythmische Wirkung (manche mehr, manche weniger), weshalb sie auch bei bestimmten Herzrhythmusstörungen eingesetzt werden können. 
  • Weitere Einsatzbereiche der Betablocker können u.a. Migräne, Angststörungen oder ein übermäßiges Zittern (Tremor) sein. 
  • Bei jungen Frauen mit Bluthochdruck, die ggf. schwanger werden könnten, kann Metoprolol eingesetzt werden ohne dass ein negativer Effekt auf eine Schwangerschaft zu erwarten wäre. 

Nachteile:

  • Bezüglich der Blutdrucksenkung, der Schlaganfallprävention, sowie der Behandlung und Prävention einer Verdickung des Herzmuskels sowie einer Verdickung oder Versteifung der kleinen und größeren Gefäße sind Betablocker etwas weniger effektiv als andere blutdrucksenkende Substanzklassen, z.B. ACE-Hemmer, AT1-Antagonisten oder Calciumantagonisten, , .
  • Betablocker können einen langsamen Puls, Überleitungsstörungen oder einen fehlenden Anstieg des Pulses bei körperlicher Anstrengung bewirken, was zu einer Leistungsminderung, Schwäche oder Schwindel führen kann (weniger ausgeprägt z.B. unter Nebivolol, Carvedilol, ). Dann müsste je nach EKG-Dokumentation die Dosis reduziert oder der Betablocker abgesetzt oder gewechselt werden. 
  • Unliebsame mögliche Nebenwirkungen sind eine Gewichtszunahme, Müdigkeit, depressive Verstimmungen, bei Männern Erektionsstörungen und das Auslösen oder Verstärken der Symptomen von Schuppenflechten, auch diese variieren je nach Substanz und sind bei Betablockern der 3. Generation weniger ausgeprägt. 
  • Auch unter einigen Betablockern wird der Zuckerstoffwechsel negativ beeinflusst, die Einnahme kann die Entwicklung einer Glukoseintoleranz oder eines Diabetes mellitus begünstigen. Besonders bei der Kombination von Betablockern und Diuretika sollte auf eine optimale Ernährungsweise und Lebensstilmaßnahmen geachtet werden.

Andere blutdrucksenkende Mittel

Die oben genannten Substanzklassen sind Mittel der Wahl bei Bluthochdruck. Bei seltenen Fällen von therapieresistentem Bluthochdruck, bei Blutdruckkrisen oder auch bei schwangeren Frauen können weitere blutdrucksenkende Medikamente (z.B. Alpha-Blocker, Aldosteronantagonisten, Moxonidin, Alpha-Methyldopa, Dihydralazin) eingesetzt werden. 

Weitere medizinische Wege um den Blutdruck zu senken

Aktuell laufen Studien zu verschiedenen Methoden, die den Blutdruck durch Eingriffe in das regulierende Nervensystem oder auch in die Volumenverteilung des Gefäßsystems zu senken. Hier gibt es z.B. die Möglichkeit, Nervenfasern im Bereich der Nieren zu veröden (renale Denervation) oder auch die Nervenfasern im Bereich der Halsschlagader zu stimulieren, um die Blutdruckregulation positiv zu beeinflussen (Barorezeptor-Stimulation oder -Amplifikation). Auch die Möglichkeit der Umleitung eines Teils des arteriellen Bluts in das venöse Nervensystem (arteriovenöse Fistel) wird geprüft. Bevor sicher zu sagen ist, ob diese Therapien empfehlenswert sind und ggf. als Routinemaßnahme eingesetzt werden können, sind weitere Studien abzuwarten.