Was ist Soziale Phobie? So erkennst Du, ob Du betroffen bist

Soziale Phobie oder auch Soziale Angst ist ein weit verbreitetes Phänomen. Ungefähr jede fünfte Person in Deutschland leidet darunter. Falls Du glaubst, betroffen zu sein, bist Du also schonmal nicht alleine. Was ist eine Soziale Phobie? Betroffene nehmen eine starke Befürchtung und Angst wahr, von Anderen negativ bewertet zu werden.

Typische Fragen, die Betroffene mit „Ja“ beantworten würden, sind:

Sind soziale Situationen generell oft stressig für Dich?
Fängt Dein Puls manchmal an zu rasen oder vergisst Du alles was du sagen wolltest, wenn Du unter Menschen bist?
Hast Du oft Angst, zu wenig oder das Falsche zu sagen?
Findest Du es unangenehm, wenn alle Augen auf Dich gerichtet sind? 
Hinterfragst Du oft noch lange, was Du gesagt hast oder hättest sagen können?
Fällt es dir schwer vor fremden Leuten zu essen?
Hast du starke Prüfungsangst oder Angst vor Präsentationen?
Findest Du es schwer, neue Leute kennenzulernen oder Menschen anzusprechen?

Wenn Du eine oder mehrere Fragen gedanklich mit „Ja“ beantwortet hast und das Gefühl hast, Deine Angst schränkt Dein Leben ein, dann kann es sein, dass Du von einer Sozialen Phobie betroffen bist.

Woher kommt dieses mentale Leiden? Wir sind evolutionär betrachtet Herdentiere, und die Anerkennung und Wertschätzung anderer Menschen ist wichtig für uns. Das ist der Grund, warum allein der Gedanke daran, von anderen beobachtet und verurteilt zu werden, so schlimm für uns sein kann. Hierin liegt aber auch eine wichtige Erkenntnis versteckt: Soziale Angst hat sich über die letzten Jahrtausende in uns entwickelt, um uns zu schützen – vor Ausgrenzung, vor dem Verlust der Herde, vor dem Alleinsein. Klingt unlogisch? Nur auf den ersten Blick! Unser Bedürfnis nach sozialer Zugehörigkeit ist nämlich durchaus sinnvoll. Unsere Vorfahren waren darauf angewiesen, zu einer sozialen Gruppe zu gehören. Sonst hätten sie nicht überleben können. Ausgrenzung war sozusagen ein Todesurteil. Dass es uns Angst einflößt, wenn wir ein Risiko wahrnehmen, ausgegrenzt zu werden und die Zugehörigkeit zu anderen Menschen zu verlieren, ist also logisch und gut so.
Was allerdings keinen Sinn ergibt ist die Tatsache, dass soziale Angst es uns häufig eher schwieriger als leichter macht, Anschluss zu finden. Wenn sie zu stark wird, hilft sie uns nicht mehr.

Vielleicht hast Du Dich auch schonmal gefragt, ob Du nicht vielleicht einfach schüchtern bist. Schließlich waren fast alle Menschen schon einmal unsicher in einer sozialen Situation, z.B. wenn sie vor vielen Menschen sprechen müssen. Hier geht’s aber um mehr als den Umgang mit Schüchternheit.

Aber was ist der Unterschied zwischen sozialer Angst und Schüchternheit?
Schüchternheit ist eine Persönlichkeitseigenschaft. Schüchterne Menschen mögen es nicht besonders, im Mittelpunkt zu stehen, aber soziale Situationen flößen ihnen nicht per se schon große Angst ein.
Soziale Angst hingegen ist keine Persönlichkeitseigenschaft. Deshalb ist es auch leichter möglich, sie zu überwinden. Sie ist häufig durch bestimmte Schlüsselerlebnisse, sogenannte Trigger-Situationen, entstanden.

Warum ist diese Unterscheidung wichtig? Weil es, solltest Du von sozialer Angst betroffen sein, bedeutet, dass Deine Angst Dich nicht als Person definiert, auch wenn Du sie momentan wahrscheinlich als Teil von Dir und Deiner Identität wahrnimmst. Und das ist ein ganz wichtiger Gedanke: Du bist nicht Deine Angst. Sie gehört im Moment vielleicht gerade zu dir – aber das lässt sich ändern.

Wenn Du betroffen bist, findet Deine Angst wahrscheinlich nicht nur in Deinem Kopf statt. Meistens zeigt sich Soziale Angst auf drei Arten: gedanklich, körperlich, und im Verhalten.

  1. Die erste Ebene ist die Gedankenebene: Dies wird auch als die kognitive Ebene bezeichnet und bezieht sich auf die Gedanken, die bestimmte Situationen in Dir auslösen. Wir alle haben diese Stimme in unserem Kopf. Oft ist die hilfreich (wenn sie uns bspw. an Dinge erinnert wie „Du wolltest noch einkaufen gehen“). Ganz oft spricht diese Stimme aber sehr negativ zu uns – das nennen wir den inneren Kritiker. Der innere Kritiker sagt Sätze wie „Das schaffst Du doch eh wieder nicht“ oder „Ohje wieso hast du das denn jetzt gemacht“. Oft spricht diese innere Stimme kritischer mit uns, als es jeder „echte“ Mensch jemals tun würde. Menschen mit sozialen Ängsten gehen oft Gedanken durch den Kopf wie „Andere Leute werden mich langweilig oder komisch finden, wenn ich jetzt was sage. Aber wenn ich nichts sage, werden sie denken ich sei langweilig. Was mache ich nur?“. All dies geschieht auf der Gedankenebene.
  2. Die zweite Ebene ist die Körperliche: Angst bringt unseren Körper in Alarmbereitschaft. Das kann sich in verschiedensten körperlichen Reaktionen zeigen. Beispiele sind Rot werden, Schwitzen, ein Anstieg der Herzrate, Zittern, das Gefühl zu wenig Sauerstoff zu bekommen, Übelkeit, das Gefühl auf Toilette gehen zu müssen oder ohnmächtig zu werden.
  3. Und die dritte ist die Verhaltensebene: Neben Gedanken und körperlichen Symptomen beeinflusst die Angst auch das Verhalten. Das kann zum Beispiel das Vermeiden von Blickkontakt sein oder die Strategie, so zu tun als wäre man in ein Buch oder das Handy vertieft. In schweren Fällen geht dies bis hin zum kompletten Vermeiden von Situationen, in denen man andere Menschen treffen könnte. Manche Betroffene vermeiden nur bestimmte Situationen wie zum Beispiel das Einkaufen gehen, andere gehen fast gar nicht mehr vor die Haustür.

Diese drei Bereiche, die Gedankenebene, die körperliche und die Verhaltensebene, können eine Art Teufelskreis entstehen lassen. Beispielsweise führt die Sorge davor, rot zu werden, oft zu noch stärkerem Erröten oder Schwitzen. Das wiederum erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass andere Leute diese körperlichen Symptome tatsächlich bemerken und Betroffene darauf ansprechen. Das ist natürlich unangenehm und führt dazu, dass viele Betroffene sich lieber zurückziehen. Und je mehr sie dann soziale Situationen vermeiden, umso größer wird ihre Angst, weil damit auch keine positiven Erfahrungen mit anderen Menschen mehr entstehen können. Und in ihrer Erinnerung speichern sie ab: Soziale Situationen bedeuten Gefahr.

Was kannst Du dagegen tun, wenn Du nun das Gefühl hast, von Sozialer Phobie betroffen zu sein? Mit Psychotherapie lassen sich Soziale Ängste in der Regel gut bearbeiten. Der klassische Therapieansatz hierfür ist die Kognitive Verhaltenstherapie. Hierbei begleitet Dich ein/e PsychotherapeutIn über mehrere Wochen. Gemeinsam wird ein Verständnis erarbeitet, wie Deine Ängste entstanden sind, und wann und wie sie sich zeigen. In Übungen, Rollenspielen und Alltagsaufgaben wird selbstsicheres Verhalten in sozialen Situationen eingeübt. Eine Alternative ist ein Online-Programm wie beispielsweise von kivona, das von zuhause bearbeitbar ist und Betroffene ebenso Schritt für Schritt dabei begleitet, soziale Ängste zu überwinden. Auch hier geht es erstmal darum, Entstehung, Angstsymptome und individuelles Vermeidungsverhalten zu identifizieren. Anschließend erarbeitet das Programm virtuell verschiedene Techniken und Methoden mit Dir, die die Angst verringern. Hierbei greift kivona nicht nur auf Methoden aus der Kognitiven Verhaltenstherapie, sondern auch auf neueste wissenschaftliche Erkenntnisse aus systemischer und metakognitiver Therapie, Neurolinguistischem Programmieren und Narrativer Therapie zurück. Hiermit lassen sich Erfolge erzielen, die der klassischen Kognitiven Verhaltenstherapie nach aktueller Evidenz sogar überlegen sein könnten.

Schreibe einen Kommentar